Freitag, 29. Juni 2018

Blencathra Fell Race (mit Video)

Es ist schon über zwei Wochen her, als ich im Lake District meinen letzten Lauf über Blencathra getätigt habe. Bisher bin ich einfach noch nicht dazu gekommen das Video fertigzustellen und einen Bericht zu schreiben. Anschließend gab es nämlich ganz unsportliche Aktivitäten wie das Johannisfest in Eschwege und ein Trip mit Freunden an den Ballermann. Dort war ich aber nicht ganz so unsportlich und bin einmal für etwas mehr als 200 m im Meer gewesen. Außerdem sind wir da viel gelaufen (Hotel – Megapark – Bierkönig – Megapark – Hotel) und auf Stühle geklettert. Jetzt aber genug „regeneriert“, denn am 08.09. steht ja das nächste Highlight an: Der Südthüringentrail – mein erster Ultramarathon, wenn auch „nur“ mit 47,5 Kilo- und 1900 Höhenmeter.

Ich habe wirklich lange überlegt, welchen der unzähligen Berge ich im Lake District noch angehen soll. Helvellyn, Cat Bells, Great Gable, Scafell Pike... Mir wurde dann in der Facebookgruppe „Fell Runners UK“ Blencathra empfohlen, dort hatte nämlich erst vor wenigen Tagen ein Fell Race stattgefunden und ich könnte die Strecke nachlaufen. Also Strecke auf der Homepage der Eden Runners begutachtet, auf gpsies.com nachgezeichnet und losgelegt.


die ersten Meter
Schon am Einstiegspunkt gab es die erste Hürde zu überwinden, ich stand vor einem Weidetor. Ich habe mich lange umgesehen, aber niemanden gesehen, den ich hätte fragen können, ob ich das Tor passieren darf. Ich kenne mich mit den Gepflogenheiten im Lake District nicht ganz so gut aus, aber da das Tor nicht verschlossen war, bin ich einfach hindurch. Man stößt hier ja immer wieder auf Tore und Türen, die offizielle Wege versperren, damit die Schäfchen nicht ausbüxen. Also bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass verschlossene Tore nicht passierbar sind und man durch Tore ohne Schloss einfach hindurchgehen kann.

Nach dem Tor ging es direkt steil nach oben und hier habe ich den Fehler gemacht, dass ich die ersten Meter noch gejoggt bin. Die paar Meter haben echt jede Menge Kraft gekostet und so war der anschließende Powerhike schon nicht mehr so leicht. Außerdem hatte ich mir schon beim Adidas Terrex Trailrace einen Zeh blutig gelaufen, da eine Spitze des Zehennagels an diesem gerieben hat, und dieser hat auch wieder angefangen zu drücken. Nach dem ersten Uphill habe ich mich also erstmal gesetzt und meinen Zeh provisorisch verbunden, so dass der Nagel nicht mehr auf die Wunde drückte. Das war ja auch nicht das erste Mal, dass mein Erste-Hilfe-Set gute Dienste geleistet hat. Ohne gehe ich schon gar nicht mehr auf längere Trails und die nächsten Schuhe kaufe ich eine halbe Nummer größer.

Die Streckenführung von dem Fell Race sollte mir natürlich nur als Anhaltspunkt dienen, in welche Richtung es gehen sollte. Wie nicht anders zu erwarten, habe ich die Strecke nämlich schon das ein oder andere Mal verlassen, um Abkürzungen querfeldein oder spannendere Ausblicke genießen zu können. Der Fell Race führte nämlich gar nicht auf den Blencathra-Bergkamm, sondern man sollte kurz davor nach links abbiegen und wieder nach unten ballern. Wie doof wäre ich denn bitte schön, wenn ich die besten Ausblicke und den aufregendsten Weg einfach so meiden würde? Schon beim Aufstieg hatte ich einmal das Gefühl, dass mich die GPS-Linie unterhalb eines sehr spannenden Felsmassivs entlang führen würde. Also bin ich hier querfeldein auf eben dieses Massiv zu gerannt und habe es in Angriff genommen, im Endeffekt wäre ich aber mit einem kleinen Umweg doch dort gelandet. Dort oben habe ich dann auch den kleinen See „Scales Tarn“ gesehen, welchen ich schon öfters auf Fotos gesehen hatte.

Scales Tarn
Wie gesagt bin ich dann den Bergkamm entlang gelaufen und habe dort oben auf Blencathra auch ein längeres Päuschen gemacht. Genau wegen solcher Momente werde ich in Zukunft die Sololäufe den Wettkämpfen im Urlaub vorziehen. Wer nimmt sich denn schon im Wettkampf die Zeit sich hier hinzusetzen und das alles zu genießen? Der Ausblick, die Demut, den zurückgelegten Weg… wie schon auf Skiddaw beschrieben einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Hier bin ich dann auch im Kopf mal das erste Leg der Bob Graham Round durchgegangen, da ich Keswick und Skiddaw im Blick hatte. Ich wusste zwar nicht, wo dieses lang geht, aber da die Runde in Keswick startet und ich noch im Kopf hatte, dass es dann erstmal Richtung Norden geht, müssten Skiddaw und Blencathra eigentlich mit inbegriffen sein. Als ich mir das Leg dann etwas später angeschaut hatte, lag ich gar nicht so falsch, nur die Streckenführung war etwas anders als von mir vermutet. Beim nächsten Urlaub im Lake District dürfte ich dann fit genug sein um diese und weitere Runden der BGR mal anzugehen. Über 100 Kilo- und 7.200 Höhenmeter sind für mich zurzeit(!?) selbst in über einer Woche neben den beiden Wettkämpfen unvorstellbar und die BGR sollte eigentlich in unter 24 h bei Wind und Wetter und somit auch nachts bezwungen werden. Vielleicht schaffe ich ja mal alle fünf Legs innerhalb von fünf Tagen, aber dazu müsste ich dann auch schauen, wie ich zu den Startpunkten hin und von den Zielpunkten wieder weg komme. Aber erstmal muss ich überhaupt wieder in den Lake District kommen, denn ich träume natürlich auch von Menorca, Gardasee, Gran Canaria, den Alpen, noch einmal Madeira…

Zurück zum Lauf! Bergab ging tatsächlich relativ gut, da es hier nicht wie von Skiddaw einfach gerade steil runter ging, sondern eher im Zickzack. Nach dem ersten Downhill habe ich dann darüber philosophiert, dass ich vielleicht doch etwas langsamer machen (nicht wegen der Verletzungsgefahr, sondern wegen der noch anstehenden Kilometer) und mich noch mehr konzentrieren sollte. Und nur eine Sekunde später lag ich auf dem Boden, weil ich über einen Stein gestolpert bin. Zum Glück war ich da gerade gehend unterwegs und daher auch nicht richtig bei der Sache. Nach kurzen Schmerzen und drei kleinen Beulen an Unterarm und Schienbein ging es dann aber schmerzfrei weiter.

Nach dem letzten Uphill einen grünen Hügel hinauf sah ich dann wieder eine ganz andere Seite vom Lake District: Eine grüne Wiese mit jeder Menge weißen Pusteblumen. Ich hatte sofort Heidi im Kopf, wie sie mit Ziegenpeter über diese Wiese hüpft. Es war wirklich wunderschön und auch hier habe ich mich spontan ins Grüne fallen lassen und nochmal kurz durchgeatmet. Auf dem Weg nach oben bin ich noch auf ein kleines Schaf gestoßen, welches mitten auf dem Weg in einer Kuhle lag. Ich dachte zunächst, es handelte sich um einen Müllbeutel, da es sich nicht bewegt hat, obwohl ich mich deutlich bemerkbar gemacht habe. Ich habe mich schon darüber aufgeregt, wie man hier oben einen Müllsack liegen lassen kann. Kurz bevor ich dann dort war, ist das Schaf aber aufgesprungen und weg gerannt.

"Heidi, Heidi, deine Welt sind die Berge..."
Von hier oben runter musste ich dann nochmal einen technisch anspruchsvollen und steilen Downhill laufen und kurz vor dem Ziel stand ich dann auf einmal vor einem Zaun mit dem Hinweis, dass das kein öffentlicher Fußweg ist. Zum Glück hatte mir gpsies.com aber schon angezeigt, dass hier kein Weg existiert und dieser wohl nur für den Fell Race geöffnet ist, und so wusste ich, dass ich nur eine kleine Schleife in Kauf nehmen musste, um unten an der Straße rauszukommen. Auf diesem Singletrail scheuchte ich dann auch einige Meter zwei Schafe vor mir her, die einfach nicht wussten wohin. Zum Glück sind die hier ganz schön friedlich und nehmen lieber reiß aus als sich einem entgegen zu stellen. Am Ende des Trails stand ich wieder vor einem Tor wie am Anfang. Egal, einfach durch!

Nachdem ich im Auto dann eine Banane gegessen hatte und wieder zurückgefahren bin, habe ich an einem Bach nochmal halt gemacht und meine Füße abgekühlt. Ich setze mich auf einen Stein mitten im Bach und ließ das Wasser durch meine Füße und Zehen gleiten.

16 km - 2:00 h - 890 Höhenmeter
Vor einigen Minuten habe ich noch mit mir gehadert, ob ich überhaupt einen Bericht schreiben soll. Der Lauf ist ja nun doch schon ein paar Tage her und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt genug Wörter für einen Bericht zusammen bekomme. Es sind ja jetzt doch ein paar geworden.

Sonntag, 10. Juni 2018

Adidas Terrex 25k, Downhillmonster, kraftraubende Wettkämpfe...


Nach meinem Trailrace-Debüt letzten Sonntag sollte nur sechs Tage später noch eine Schippe draufgelegt werden. 5 km und 250 Höhenmeter mehr sollten es beim Adidas Terrex 25k Trail Race während des Keswick Mountain Festivals werden. Wir haben uns das Festival ja bereits am Vortag angeschaut und wollten diesen Abend eigentlich wieder hin, aber dazu waren wir beide nicht in der Lage. Ich kaputt und Freundin krank.

Die Nacht hatte ich wenig geschlafen, auch weil in meinem Laufrucksack einiges eingepackt werden musste und ich mir nicht sicher war, ob ich wirklich alles eingepackt hatte. Auf der Homepage stand was von Erste Hilfe-Set, wasserdichter Kleidung, Essen, Trinken, Handy, Pfeife, Handschuhe, Mütze... Mal im ernst, es sind nur 25 km und das Wetter war richtig toll. In den finalen Renninformationen stand dann plötzlich auch nur noch, dass empfohlen wird, diese Dinge mitzunehmen. Von einer Pflicht war hier nicht mehr die Rede, nur Trail- und keine Straßenschuhe sollten es schon sein. Also habe ich die wasserdichte Kleidung erstmal in einen extra Rucksack gepackt und hätte die bei Bedarf halt noch migenommen, dem war aber nicht so. By the way: Ich habe auch genügend Läufer mit Straßenschuhe und komplett ohne Rucksack oder Gürteltasche gesehen.

Start-/Zielbereich, kurz vor dem Start
Nach dem Erfolg von vor sechs Tagen hatte ich schon eine Zielzeit von 2:30 Stunden vor Augen, aber unter 3 Stunden sollte ich auf jeden Fall bleiben. Ich hatte mich damals für den Startblock mit einer Zielzeit von 3:10 bis 4:00 Stunden registriert, da ich ja auch nicht so richtig wusste, wie ich mich bis dahin entwickele und was dort genau auf mich zukommt. Die Blockeinteilung war eh etwas komisch, so startete der gemächliche Block (über 4 Std.) vor den etwas schnelleren Läufern, unter denen ich mich befand. Das sollte mir später auch noch etwas Zeit kosten.

oberhalb von Derwent Water
Ich war also etwas überrascht, als ich ziemlich schnell die Führung in meinem Block eingenommen hatte. Erst war noch eine Frau vor mir, die sich dann aber bald die Schuhe binden musste, und dann joggte auf dem ersten Uphill noch einer Läufer an mir vorbei, während ich schon zum Powerhiking übergegangen war. Ich wusste aber, dass ich den noch einholen werde, da dieser nur gewöhnliche Straßenlaufschuhe an hatte und ich daraus schloss, dass er wenig bis gar keine Trailerfahrung hatte. So kam es dann auch, dass ich bald darauf im Powerhike an ihm vorbei ging, während er noch am Joggen war - irgendwie.

hier blieb ich dann tatsächlich mal für 1-2 sec stehen
Auf den schmalen Trails kam es leider immer wieder zu stockendem Verkehr, aber die langsameren Läufer haben fast immer brav Platz gemacht, wenn es denn ging. Jetzt rächte es sich, dass ich mich nicht für einen schnelleren Block registriert hatte, die nämlich allesamt vor dem gemächlichen Block gestartet sind. Hier kam dann auch wieder mein Ehrgeiz zum Vorschein, den ich bei Wettkämpfen leider nicht einfach ablegen kann. Der Ärger war aber nur von kurzer Dauer, den die Strecke war echt schön und sehr anspruchsvoll. Wesentlich anspruchsvoller als die in Coniston, da hier teilweise sehr viel mehr Steine und Geröll auf den Wegen lagen und die Trails wirklich teilweise richtige Singletrails waren.

Downhills machen Spaß, wie man sieht
Wie man oben auf dem Streckenprofil schon sehen konnte, sollten bereits über 600 Höhenmeter auf den ersten 10 km zurückgelegt werden. Die restlichen 15 km ging es dann eher wellig mit einer kürzeren Steigung bei Kilometer 16 zurück zum Festivalgelände. Aber hier musste ich dann doch schon einige Steigungen gehen, welche ich sonst ohne Probleme joggend hinter mich lasse. Während ich in Coniston noch an allen Verpflegungsstellen vorbei gerannt bin und lediglich aus meinen beiden Softflasks getrunken habe, habe ich hier dankend jede Verpflegungsstelle mitgenommen. Irgendwie war das nicht mein Lauf und ich habe sehr viel geschwitzt. Auch mein Pace war hier gegen Ende um eine ganze Minute pro Kilometer langsamer, aber ich ging wirklich auf dem Zahnfleisch. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich bei dem Bilstein-Marathon vor zwei Jahren ähnlich kämpfen musste.

25,8 km - 2:43 h - 676 Höhenmeter

noch ein letzter, größerer Aufstieg
Von der Zeit war ich nicht wirklich begeistert, aber auch nicht enttäuscht. Wie anfangs erwähnt liegt sie genau zwischen Traum- und Maximalzeit. Als ich dann abends aber die Ergebnisse sah, war ich wirklich wieder sehr begeistert. 85. von 543 Starter/inne/n und somit in den Top 20% - und das bei meinem Trainingsrückstand und hier im Trail- und Fellrunning verrückten Lake District. Sagen wir mal ich hätte nicht im stockendem Verkehr festgesteckt und ein wegen Krämpfen am Boden liegender Läufer hätte meine Hilfe nicht benötigt, wäre sogar ein Platz unter den Top 60 drin gewesen. Aber das ist natürlich nur Theorie und eigentlich auch total unwichtig, Hauptsache dem Läufer konnte geholfen werden.

Dass das Rennen gefühlt irgendwie nicht so gut lief, lag vielleicht auch an meinem Pensum, den ich diese Woche hinter mich gebracht hatte. Zwei Tage nach dem Halbmarathon bin ich ja noch über Skiddaw gerannt, zumindest runter - hoch ging nur im Powerhike. Wegen des Muskelkaters konnte ich dann zwei Tage später nur einen kleinen Lauf durch die Stadt unternehmen, was aber vielleicht auch ganz gut war. Nicht auszudenken, wie ich mich bei diesem Rennen gefühlt hätte, wenn ich da noch einen Gipfel angegangen wäre. Der Muskelkater kam aber vielleicht auch nicht nur wegen des Downhills, sondern auch wegen den Minimallaufschuhen, die ich auf den 13 km an hatte. Normalerweise sind solche Distanzen überhaupt kein Problem mehr für mich in solchen Schuhen, aber das war schon ein anderes Kaliber. Der Stoff meiner Salomon Sense Ride ist nämlich schon oberhalb des großen Zehballens eingerissen und ich wollte sie zumindest nochmal auf dem 25 km-Rennen anziehen. Immerhin erstattet mir Salomon die 130 € Einkaufspreis und ich darf mir einen neuen Schuh in ihrem Onlinestore aussuchen, die Schuhe habe ich ja erst 200 km getragen und sind ja erst ein paar Monate alt.

oberhalb von Derwent Water
Bei meinen nächsten Urlauben in den Bergen überlege ich es mir zweimal, ob ich mich da für solche Wettkämpfe anmelde. Durch die Wettkämpfe habe ich so viel Energie verloren, dass ich hier bisher nur einen Lauf auf eigene Faust unternehmen konnte und ich weiß auch noch nicht, ob da noch einer hinzukommt. Und das ist wirklich schade, denn um hier den einen oder anderen Gipfel zu erklimmen bin ich ja eigentlich hier. Wie ich bereits erwähnt hatte, machen solche langen, ausdauernden Läufe im Wohlfühltempo mit vielen Pausen zum Aussicht genießen und Fotos schießen sehr viel mehr Spaß als anstrengende, kraftraubende Wettkämpfe, auch wenn diese trainingstechnisch gesehen vielleicht nicht so viel Sinn machen. Aber diese Erfahrung muss man halt auch einmal gemacht haben, dass man sich für Wettkämpfe oder Sololäufe entscheiden muss, wenn diese so nahe aneinanderliegen.

 
Wie in dem Video zu sehen, habe ich im Downhill mal wieder jede Menge Plätze gut gemacht und irgendwie hat es mich mal interessiert, wie ich da eigentlich gegenüber den anderen Läufern so abschneide. Mit den Segmenten auf Strava hat man die Möglichkeit, nach genau diesen Teilabschnitten zu schauen. Natürlich laden nicht alle Läufer ihre Daten bei Strava hoch, aber man hat einen ungefähren Anhaltspunkt.
Coniston Half Marathon Downhill: 17. von 205
Adidas Terrex 25k Downhill: 10. von 245
Das sind ja Zeiten jenseits von gut und böse! Wie krass ist das denn bitte? Ich muss unbedingt an meiner Kondition und Grundschnelligkeit arbeiten, dann kann mich niemand mehr aufhalten! ;-)

Freitag, 8. Juni 2018

Up to Skiddaw! 800 Höhenmeter auf 3 km (mit Video)

und noch lange nicht oben
Da sitzt man nun mitten im Lake District (na gut, Keswick ist schon in den Northern Lakes) und weiß gar nicht so wirklich, welchen der unzähligen Gipfel und der wunderschönen Wanderwege man als erstes erstürmen soll. In einer Facebook-Gruppe lernte ich jemanden kennen, der ebenfalls in Coniston am Start war und in Keswick arbeitet. Wir haben lange über mögliche Routen über Catbells gesprochen, aber dann hat sich noch ein anderer eingeschaltet und mir Skiddaw als leichten, schnellen Lauf empfohlen. Für den Anfang war das vielleicht keine schlechte Idee. Dass mir aber so langsam die Zeit wegrennt und ich irgendwann wieder nach Deutschland zurück muss, habe ich irgendwie nicht bedacht. Außerdem hätte ich nie gedacht, dass ich nach dem Lauf mit so viel Muskelkater zu kämpfen habe.

Ich konnte den Gipfel schon von der Schnellstraße aus sehen und es sah echt genial aus, wie sich die Wolken langsam zwischen den beiden Gipfeln von Skiddaw und Skiddaw Little Man schoben. Auf meiner Seite war es absolut klar, aber es schien so, als wenn es auf der anderen Seite doch schon ein paar Wolken gab. Ich hatte auch etwas Angst da oben vor lauter Wolken nichts zu sehen, aber eigentlich waren die Gipfel von hier unten aus gesehen absolut wolkenfrei.

Kletterpassage
und immer weiter
Auf dem langen, langen Weg nach oben hatte ich genug Zeit um über alles mögliche zu schwadronieren. Zum Beispiel, dass ich mir jetzt angewöhnt habe, rohen Ingwer zu verputzen. Zumindest wenn ich das Gefühl habe krank zu werden, greife ich demnächst immer wieder auf dieses Wundermittel zurück. Oder dass es vielleicht ein Fehler war, sich hier bei so vielen Wettkämpfen anzumelden. Diese haben nämlich viel zu wenige Höhenmeter und so komme ich viel zu selten zu dem Genuss eines solchen Skyraces. Oder dass die Läufe auf Madeira dagegen ein Kinderspiel gewesen sind. Deswegen ist das Video auch so lang geworden und ich musste die Qualität etwas drosseln, sonst dauert das Konvertieren und Uploaden hier ewig.

endlich oben
Ich hatte meinen Parkplatz an der Strecke so gewählt, dass ich nicht gleich steil nach oben kraxeln musste. So lag er in mitten eines Downhills, welcher mir da schon nicht gefallen hatte. Eine geteerte Straße mit einem Gefälle von 15 bis 20%. Der Weg hinunter zum Fuß des Berges ging noch, später dann aber die Straße zum Auto hin hat absolut keinen Spaß gemacht.

Hier oben alleine picknicken, wie geil!
Zunächst musste man ein Tor passieren, welches die Schafe hier in ihrem Bereich hält. Die ersten Höhenmeter waren sogar noch laufbar, aber bereits nach wenigen Metern Powerhiking habe ich meine leichte Jacke ausgezogen - mir wurde da verdammt schnell warm. Für den reinen Aufstieg über 3 km brauchte ich ca. 45 min, aber ich habe zwischendurch noch einen Abstecher auf einen anderen Gipfel gemacht, welcher nicht zur eigentlichen Route gehört. Der Weg dorthin sah aber recht gut laufbar aus, was er dann auch war, und es war nur ein Umweg von ca. 1 km. Dort sah ich auch einen recht beeindruckenden Grat, welchen ich zwar gerne gelaufen wäre, aber ich wollte die Strecke nicht noch weiter in die Länge ziehen. So wurden aus den 3 km dann doch 4, bis ich vom Fuß des Berges auf dessen Gipfel ankam.

Pfad von Skiddaw zum Skiddaw Little Man
Schon die letzten Höhenmeter haben mir den Atem verschlagen. Da sitzt man zu Hause und träumt davon, endlich mal so einen Berg zu erlaufen, und dann macht man es auf einmal. Ich hatte wirklich Bedenken, wie das sein wird und ob ich mich da oben nicht verlaufen werde oder Ähnliches, aber es ging tatsächlich richtig gut. Der Aufstieg hätte auch gerne noch ein paar Grad steiler, so dass auch öfters mal die Hände zum Einsatz kommen, und ein paar Meter höher sein können. So war ich also gerade an einem der steilsten Anstiege kurz vor dem Gipfel und ich konnte die Tränen schon nicht mehr zurückhalten. All die Alpinisten würden das vielleicht mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen, aber für mich waren dieser Moment und die kommenden ein absolutes Highlight in meiner noch recht jungen Trailrunnerkarriere.

Blick vom Skiddaw Little Man auf Keswick
Oben angekommen sah ich dann auch das, was ich anfangs vermutet hatte. Vor dem Lake District war es total bewölkt, die Berge hier bilden eine Art Schutzwall vor dem Wolkenmeer. Das geilste war jedoch, dass ich über den Wolken stand. Hinzu kam, dass ich mich hier oben am nördlichen Ende des Lake Districtes befand und vor mir eine lange, flache Ebene lag. Man konnte sogar erahnen, wo das Meer lag. Ich brach abermals in Tränen aus.

Ich war aber noch nicht ganz oben, ein paar Meter musste ich mir auf der Plattform des Berges noch erlaufen, um endgültig auf den höchsten Punkt des Berges zu gelangen. Leider war ich hier nicht alleine. Ein anderer Wanderer war der erste Mensch, den ich hier oben antraf. Ich hätte mir echt gewünscht, dieses Erlebnis frei und alleine genießen zu können. Davon kann man aber in so einer touristischen Hochburg nur träumen, dann hätte ich wohl noch früher los laufen müssen. Ich bin dann einige Minuten später noch ein paar Meter weiter gelaufen, habe ich mich hinter eine der aufgehäuften Steinmauern gesetzt, die Aussicht genossen und genüsslich einen halben Energieriegel verdrückt. Ich hatte zwar keinen Hunger, aber wenn ich schon hier oben war, dann wollte ich auch picknicken. Außerdem konnte ich hier meinen Gefühlen nochmal freien Lauf lassen. Dieses Gefühl ist einfach unbeschreiblich. Es ist viel weniger der Stolz als die Demut, die in einem so ein Gefühlschaos verursachen. Ich fühlte mich so leicht und frei und man wird sich noch mehr bewusst, was man doch für ein kleiner, mickriger Mensch ist.

und die Wolken waren später auf einmal weg
Irgendwann ging es dann wieder nach unten und wo sich eben noch die Wolken am Berghang getürmt haben, war auf einmal keine Wolke mehr zu sehen. Damit wusste ich auch, dass ich ohne Probleme und mit freier Sicht den Downhill und die weiteren Aussichten genießen konnte. Der erste Downhill hinunter zum Skiddaw Little Man war richtig gut und auch nicht zu steil. Das hat richtig Spaß gemacht, bevor man dann nochmal ca. 40 steile Höhenmeter zum Little Man hinauf musste. Hier sah man dann auch, was einem von Skiddaw wegen des Little Mans dazwischen verborgen blieb: Eine wunderschöne Aussicht nach Keswick und Derwent Water, der See an dem das Städtchen liegt und an dem dieses Wochenende auch das Keswick Mountain Festival stattfindet. Hier hatte ich dann auch eine nette, kurze Unterhaltung mit einem Iren, der gestern zu viel Guinness getrunken hatte, und so langsam kämpfen sich auch weitere Touristen den Berg hinauf.

fast schon wieder unten
Vor dem letzten, ca. 2,5 km langen Downhill zur Straße hinunter hatte ich enormen Respekt, aber ich habe in trotzdem recht schnell und sicher hinter mich gebracht. Das war mit Abstand der härteste Downhill, den ich bisher gelaufen bin. Meine Beine fühlte sich an wie Mus, als ich die kurze, keinen halben Kilometer lange, ebene Strecke zur Straße gelaufen bin. Und jetzt musste ich auch noch über 1 km diese hässliche Straße hinunter zum Auto laufen.

Das war mit Abstand eines der schönsten Erlebnisse, die ich bisher in meiner Laufkarriere hatte. Auch nach meinem ersten Triathlon und meinem ersten Marathon musste ich weinen, aber das war kein Vergleich zu dem, was ich hier gefühlt habe. Ich überlegte mir schon, welchen Berg ich als nächstes in Angriff nehmen werde, ohne zu wissen, dass mich die nächsten Tage erstmal ein Muskelkater beschäftigt.

12,6 km - 1:46 h - 933 Höhenmeter

Dienstag, 5. Juni 2018

Waterfalls Trail in Ingleton & Half Marathon in Coniston (mit Video)

Manchester ist wirklich eine schöne Stadt, kann ich nur empfehlen. Aber wir machen hier ja keinen Städteurlaub, sondern wir sind auf dem Weg in den Lake District, wo ich meine ersten Skyrace- und Bergerfahrungen sammeln möchte. In Manchester haben wir also nur zwei Nächte geschlafen und hatten dort so nur einen kompletten Tag. Ziemlich beeindruckend fanden wir die Adler am Exchange Square, die dort schon sei elf Jahren nisten. Wir konnten sie tatsächlich durch ein Fernrohr beobachten und in den Hochhausschluchten jagen sie unter anderem Tauben.
Habitat eines Stadtadlers, links und rechts sind nicht die einzigen Hochhäuser

Am Samstag ging es dann Richtung Keswick in den Northern Lakes. Die 200 km wollte ich ungern am Stück fahren und so bot sich ein Stopp beim Waterfalls Trail in Ingleton an, welcher ziemlich genau dazwischen liegt. Das war dann auch die erste Wanderung mit meiner Freundin, welche eigentlich nicht so wanderbegeistert ist. Abgesehen von dem einen oder anderen Anstieg fand sie es aber tatsächlich ganz gut. Weitere Bilder findet ihr in diesem Facebook-Fotoalbum.

8,2 km - 2:48 h - 236 Höhenmeter
eine Std. vor dem Start

Sonntag, also vorgestern, war es dann endlich so weit. Mein erster richtiger Trailwettkampf stand auf dem Plan und dann gleich im Lake District. Ich war recht nervös, nicht zuletzt wegen den Knieproblemen Anfang der Woche. Am Vortag auf dem Waterfalls Trail bin ich schon mal 100 m Bergab gerannt, das aber in Wanderschuhen. Mein Knie machte sich dabei nicht bemerkbar. Ich habe immer wieder mal gekühlt und das Ibuprofen von Montag bis Freitag regelmäßig eingenommen. Trotzdem wusste ich natürlich nicht, ob mir das Knie gleich wieder Probleme bereiten wird. Ich konnte das ja auch erst später beim ersten Downhill so richtig in Erfahrung bringen.
Angesichts des enormen Trainingsrückstandes habe ich mit einer Zeit von vielleicht 2:30 h gerechnet und so verabredete ich mich mit meiner Freundin 2:30 h später an einem Treffpunkt. Der Start lief viel zu gut. Soll heißen, dass ich gleich mal zu schnell unterwegs war. So ist das halt, wenn man sich von der Meute mitreißen lässt und nicht sein eigentlich angedachtes Tempo geht. Angefangen bei einem Pace von 4:30 min/km, lag ich nach circa 200 m bei 5:10 - 5:20. Das war eigentlich immer noch recht flott, aber dabei beließ ich es dann trotzdem, auch mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich das wahrscheinlich nicht durchhalten und zu früh einbrechen werde.
einen veganen Foodtruck gab es auch
Als dann so langsam der erste Berg immer näher rückte, erkannte ich an dessen Aufstieg Richtung Yew Pike Fähnchen, die der der Streckenführung sehr ähnelten. Ich bekam schon etwas Angst, aber zum Glück ging es vor diesem bösen Aufstieg rechts rum und am Fuße des Berges entlang. Trotzdem blieb es natürlich nicht flach, aber mit 430 positiven Höhenmetern hielt sich das Ganze noch in Grenzen.
Nach 5,7 km ging ich dann auch das erste Mal zum Powerhiking über und all die Joggenden waren dabei nicht sehr viel schneller als ich. Wenige von den vielen, die ich bei dem welligen Teilstück am Fuße des Berges überholt hatte, sind nun wieder an mir vorbeigezogen. Ich ließ mich aber nicht aus der Ruhe bringen und wusste, dass meine Zeit noch kommen wird. Kaum ließ es sich wieder joggen, traten wir aus dem Wald hinaus und hatten eine wunderschöne Kulisse vor uns. Hier holte ich dann auch mal wieder die GoPro aus der Tasche und filmte die Szenerie, schei* auf die Zeit! ;-)
Der nächste Downhill sollte dann nicht lange auf sich warten und ich schoss an den Männlein und Weiblein vorbei, die hier vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten. Ich erntete beeindruckte Blicke und der Streckenposten am Ende des Downhills kommentierte meinen Downhill mit einem "Well done!" Natürlich hatte ich immer im Hinterkopf, was hier alles passieren kann, und so setzte ich jeden Fuß hochkonzentriert ab und meine neue Errungenschaft, die Aktivbandage MalleoTrain von Bauerfeind, gab mir zusätzliche Stabilität.
sill waiting for the start
Dann irgendwann wieder ein steiler Anstieg und das gleiche Spiel von vorne. Die paar Plätze, die ich hier beim Powerhiking einbüßte, und noch mehr holte ich beim Downhill locker wieder ein. Am Ende ging es ja auch noch über 4 km flach an einem See entlang und auch dafür sparte ich mir meine Energie noch auf. Es macht natürlich wenig Sinn, sich jetzt hier Bergauf total zu verausgaben und dann am Ende auf dem Zahnfleisch zu gehen, wo man Bergauf beim Powerhiking gegenüber den Joggenden eh am wenigsten Zeit verliert.

Halbzeit, meine Uhr zeigte unter einer Stunde an. Ich war total euphorisiert über diese Leistung, damit hätte ich nie gerechnet. Ich hatte nicht nur die Hälfte bereits hinter mir, sondern mit Abstand auch schon die meisten positiven Höhenmeter. Dann kam mir aber der Gedanke, dass ich erst die Hälfte geschafft hatte und somit die andere Hälfte noch vor mir lag. Mit meinem Trainingsrückstand war es mir undenkbar eine Zeit von unter zwei Stunden auf diesem Terrain aufzustellen. Jetzt kam in mir die Befürchtung wieder hoch, dass ich das alles zu schnell angegangen bin und ich noch Kilometer vor dem Ziel einbreche. "Schei* drauf" sagte ich zu mir. Ich fühlte mich gut und hatte auch keine Lust etwas an meinem Pace oder meiner Strategie zu ändern.

Ich wartete schon die ganze Zeit auf die Gelegenheit, mich endlich mal in einem der angekündigten Tarns, Lakes, Rivers, Streams etc. abzukühlen, aber erst kurz vor Kilometer 11 kam der erste Bach zum Vorschein. Ich also nicht direkt die Brücke anvisiert, sondern erstmal den Bach darunter. Es saß eine Gruppe Wanderer am Wegesrand und die wollten mir davon abraten, das Wasser zu trinken. Als ich dann aber nur meine Mütze mit Wasser gefüllt hatte und diese dann schnell wieder aufsetzte, brachen sie in Gelächter aus. Es war vielleicht auch nicht so intelligent von mir die Mütze in den flachen Bach zu drücken, so dass erstmal einiges an Dreck aufgewirbelt wurde. So rannte ich dann die letzten 10 km mit etwas Dreck im Gesicht rum. :-) Das Spiel wiederholte ich bei Kilometer 12 an einem See, wo ich aber wegen eines grünen Schimmerns an der Wasseroberfläche doch nochmal drei Meter mehr in Kauf genommen und meine Mütze dort mit klarem Seewasser gefüllt habe.
Abkühlung vorraus
Bei Kilometer 13 dann der letzte längere Anstieg und auch da war dann wieder Powerhiking angesagt. Überholt hat mich hier dann aber keiner mehr, das Feld hatte sich zwischenzeitlich zu weit auseinandergezogen. Und dann kam der letzte, recht knackige Downhill über 2 km, laut Strava mit einem Gefälle von bis zu 20%, meist jedoch so um die 12. Auch hier habe ich dann wieder einige Plätze gut gemacht.
Dann kamen sie, die gefürchteten letzten 4 km im Flachen. Jetzt sollte sich zeigen, ob sich mein Anfangspace rächt oder ob sich meine Strategie mit dem Energie sparen bei den Anstiegen bezahlt. Nach wenigen hundert Metern schaute ich dann mal auf meine Uhr und war ganz überrascht, dass diese mir einen Pace von 5 min/km attestierte. Ich habe meinen Augen nicht getraut und nochmal geschaut. Der Pace schwankte dann auf den letzten Kilometern so zwischen 4:50 und 5:30 min/km, damit hätte ich nie gerechnet. Ich dachte wirklich, dass mich der letzte Downhill zerfetzen wird und mir hier unten dann die Oberschenkel brennen. Das taten sie auch, aber bei weitem nicht so schlimm und so konnte ich weiterhin Gas geben. Auch hier wieder einige Plätze gut gemacht. Sogar an einem Südländer, der mich nach dem Downhill nochmal überholt hatte, zog ich wieder vorbei.
Die letzten Meter zum Ziel. Ich lief direkt an dem Treffpunkt mit meiner Freundin vorbei, aber sie war nicht da. Wieso auch? Sie erwartete mich schließlich erst dreißig Minuten später. Da stand sie dann, direkt vor dem Zieleinlauf. Durch Zufall hat sie sich gerade was zu essen geholt und ist just in dem Moment am Zieleinlauf aufgetaucht, als ich an ihr vorbeigerast bin. Ich habe dann nur noch mein Finishershirt eingesammelt und bin überglücklich in ihre Arme gefallen.
wenige Minuten nach dem Zieleinlauf

20,8 km - 1:52 h - 428 Höhenmeter

Wenige Stunden später habe ich dann erfahren, dass ich 51. von 184 Finishern wurde. Absoluter Wahnsinn, damit hätte ich nie gerechnet. Das mit meinem Trainingsrückstand und hier im Trail und Fell Running verrückten Lake District.

Montag, 4. Juni 2018

letzter Arztbesuch, Habichtsspiel und doch noch ein Arztbesuch

Endlich kann ich mal wieder bloggen. Vor genau einer Woche war ich ja bei einem weiteren Orthopäden und seitdem ist viel passiert. Urlaubsvorbereitungen haben mich derweil vom Schreiben abgehalten. Aber der Reihe nach…

Dönche
Zunächst war ich bei einem weiteren Spezialisten außerhalb Kassels. Die Fahrt war es mir wert und es hat sich auch gelohnt. Er kann absolut nicht nachvollziehen, dass eine Gelenkspiegelung durchgeführt werden soll. Es war auch der erste Arzt, der mir Physiotherapie verschreiben wollte und das konnte er genauso wenig verstehen, dass das noch keiner gemacht hat. Allerdings war dazu gerade ein schlechter Zeitpunkt, da ich ja zurzeit im Urlaub bin und das Rezept dann verfallen wäre. Also muss ich dann halt nochmal die 30 km in Kauf nehmen und mir ein Rezept abholen. Er fragte sich auch, warum das bisher noch niemand gemacht hat. Er meinte, es könnten auch Faszien verdreht worden sein und durch entsprechende Übungen kann man die Stabilität im Sprunggelenk wieder herstellen. Außerdem verschrieb er mir eine Bauerfeind-Aktivbandage, die ich die nächste Zeit bei Trailläufen überziehen werde. Auch er hat absolut keine Bedenken, dass ich meine Trailläufe im Lake District durchziehe oder eine noch längere Pause einlegen sollte. Er hat nicht nur den Ruf und das Wissen eines guten Facharztes, sondern nimmt sich auch Zeit für seine Patienten.

Natürlich bin ich dann hochmotiviert nach Hause gefahren und habe schon weitergehende Pläne für den Tag geschmiedet. Natürlich musste ich in meine Laufschuhe schlüpfen und wieder auf den Kasseler Trails unterwegs sein. Geplant war mal wieder ein Lauf durch die Dönche und den Brasselsberg, denn durch das Geocaching und Mountainbiken habe ich dort ein paar interessante Trails gesichtet.
Habichtsspiel
Schon nach den ersten Schritten Bergab hatte ich Probleme in der rechten Kniekehle. Es fühlte sich so an, als ob dort eine Sehne über etwas hinwegspringen würde. Ich dachte zunächst an nichts Schlimmes, bin kurz stehen geblieben und habe etwas massiert und gedehnt. Das Problem ging aber nicht weg und erst als ich den ersten kleineren Downhill hinter mir hatte, hatte ich keine Probleme mehr. Von nun an ging es 6 km von 160 auf 550 Höhenmeter nur noch Bergauf und an manchen Stellen kam wieder das berühmte Powerhiking um Einsatz. Die Trails auf dem Brasselsberg, die ich mit dem Moutainbike gesichtet hatte, waren wirklich klasse. Ich stürmte mal wieder einfach drauf los und entschied irgendwann das Habichtsspiel anzusteuern.
Ich staunte nicht schlecht, als da oben neben der Bruno-Giese-Hütte auch noch ein Kreuz stand, wie man es sonst nur von Alpengipfeln kennt. Es beschlich mich schon das Gefühl, hier was ganz besonderes geleistet zu haben, auch wenn ich wusste, dass das natürlich nicht stimmt. Dort oben gab es dann eine kurze Snackpause und schon ging es wieder runter Richtung Dönche.
Da war es aber wieder, dieses Problem in der Kniekehle. Jedes Kneten und Dehnen half nicht und so musste ich meinen Laufstil etwas anpassen, um nicht als dieses „über-die Sehne-springen“ zu verursachen. Das Problem trat wirklich nur beim Downhill und einem ganz bestimmten, meinem eigentlich natürlichen Laufstil auf. Winkelte ich das Knie vor dem Auftreten etwas mehr an, dann war das Problem weg.

14,3 km - 1:28 h - 449 Höhenmeter

Am nächsten Tag hatte ich dann doch leichte Schmerzen in der Kniekehle und so beschloss ich spontan von der Arbeit aus nochmal schnell zu einem Orthopäden zu fahren. Es kann doch nicht sein, dass mich jetzt so kurz vor dem Lake District-Aufenthalt ein weiteres Problem befällt?!
Von den drei Orthopäden in Kassel, die ich die letzten Wochen besucht hatte, kommt für mich tatsächlich nur noch einer in Frage. Nämlich der, der sich sehr viel Zeit für seine Patienten nimmt und in Summe wohl auch von allen Scharlatanen mit seiner Diagnose am Richtigsten lag. Ich also sofort um 8 Uhr angerufen und ich sollte doch sofort vorbeikommen. Also ab aufs Rad und zu ihm gefahren. Rad fahren war vielleicht nicht besonders schlau zu dem Zeitpunkt, aber ich habe keine andere Möglichkeit. Dem Auto habe ich schon vor langer Zeit lebe wohl gesagt.
Nach ca. einer Stunde Wartezeit, was bei so spontanen Arztbesuchen aber wirklich vollkommen in Ordnung geht, war das Problem schnell diagnostiziert. Ich legte mich auf die Liege und als er mit dem Finger in die Kniekehle drückte und mit ihm langsam mit Druck die Wade hinunterglitt, dachte ich, ich muss sterben: Muskelkopfentzündung. Sowas kommt eigentlich von Überbelastung, aber was habe ich denn schon groß gemacht? Das kann wirklich nur von dem 4 km-Barfußlauf oder dem vielen Mountainbiken kommen. Beides kommt für mich eigentlich nicht in Frage, aber woher soll das sonst kommen?
Ibuprofen 600 mg, kühlen und schonen war also angesagt und hoffen, dass das bis Sonntag (also gestern) weg geht. Gestern stand nämlich die erste Traillaufveranstaltung im Lake District auf dem Programm. Also war ein Plan das Ibuprofen nur bis Freitag zu nehmen, denn unter dem Zeug laufen ist alles andere als gesund. Die Nieren können geschädigt werden und man merkt auftretende Schmerzen nicht oder zu spät.