Dienstag, 5. Juni 2018

Waterfalls Trail in Ingleton & Half Marathon in Coniston (mit Video)

Manchester ist wirklich eine schöne Stadt, kann ich nur empfehlen. Aber wir machen hier ja keinen Städteurlaub, sondern wir sind auf dem Weg in den Lake District, wo ich meine ersten Skyrace- und Bergerfahrungen sammeln möchte. In Manchester haben wir also nur zwei Nächte geschlafen und hatten dort so nur einen kompletten Tag. Ziemlich beeindruckend fanden wir die Adler am Exchange Square, die dort schon sei elf Jahren nisten. Wir konnten sie tatsächlich durch ein Fernrohr beobachten und in den Hochhausschluchten jagen sie unter anderem Tauben.
Habitat eines Stadtadlers, links und rechts sind nicht die einzigen Hochhäuser

Am Samstag ging es dann Richtung Keswick in den Northern Lakes. Die 200 km wollte ich ungern am Stück fahren und so bot sich ein Stopp beim Waterfalls Trail in Ingleton an, welcher ziemlich genau dazwischen liegt. Das war dann auch die erste Wanderung mit meiner Freundin, welche eigentlich nicht so wanderbegeistert ist. Abgesehen von dem einen oder anderen Anstieg fand sie es aber tatsächlich ganz gut. Weitere Bilder findet ihr in diesem Facebook-Fotoalbum.

8,2 km - 2:48 h - 236 Höhenmeter
eine Std. vor dem Start

Sonntag, also vorgestern, war es dann endlich so weit. Mein erster richtiger Trailwettkampf stand auf dem Plan und dann gleich im Lake District. Ich war recht nervös, nicht zuletzt wegen den Knieproblemen Anfang der Woche. Am Vortag auf dem Waterfalls Trail bin ich schon mal 100 m Bergab gerannt, das aber in Wanderschuhen. Mein Knie machte sich dabei nicht bemerkbar. Ich habe immer wieder mal gekühlt und das Ibuprofen von Montag bis Freitag regelmäßig eingenommen. Trotzdem wusste ich natürlich nicht, ob mir das Knie gleich wieder Probleme bereiten wird. Ich konnte das ja auch erst später beim ersten Downhill so richtig in Erfahrung bringen.
Angesichts des enormen Trainingsrückstandes habe ich mit einer Zeit von vielleicht 2:30 h gerechnet und so verabredete ich mich mit meiner Freundin 2:30 h später an einem Treffpunkt. Der Start lief viel zu gut. Soll heißen, dass ich gleich mal zu schnell unterwegs war. So ist das halt, wenn man sich von der Meute mitreißen lässt und nicht sein eigentlich angedachtes Tempo geht. Angefangen bei einem Pace von 4:30 min/km, lag ich nach circa 200 m bei 5:10 - 5:20. Das war eigentlich immer noch recht flott, aber dabei beließ ich es dann trotzdem, auch mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich das wahrscheinlich nicht durchhalten und zu früh einbrechen werde.
einen veganen Foodtruck gab es auch
Als dann so langsam der erste Berg immer näher rückte, erkannte ich an dessen Aufstieg Richtung Yew Pike Fähnchen, die der der Streckenführung sehr ähnelten. Ich bekam schon etwas Angst, aber zum Glück ging es vor diesem bösen Aufstieg rechts rum und am Fuße des Berges entlang. Trotzdem blieb es natürlich nicht flach, aber mit 430 positiven Höhenmetern hielt sich das Ganze noch in Grenzen.
Nach 5,7 km ging ich dann auch das erste Mal zum Powerhiking über und all die Joggenden waren dabei nicht sehr viel schneller als ich. Wenige von den vielen, die ich bei dem welligen Teilstück am Fuße des Berges überholt hatte, sind nun wieder an mir vorbeigezogen. Ich ließ mich aber nicht aus der Ruhe bringen und wusste, dass meine Zeit noch kommen wird. Kaum ließ es sich wieder joggen, traten wir aus dem Wald hinaus und hatten eine wunderschöne Kulisse vor uns. Hier holte ich dann auch mal wieder die GoPro aus der Tasche und filmte die Szenerie, schei* auf die Zeit! ;-)
Der nächste Downhill sollte dann nicht lange auf sich warten und ich schoss an den Männlein und Weiblein vorbei, die hier vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten. Ich erntete beeindruckte Blicke und der Streckenposten am Ende des Downhills kommentierte meinen Downhill mit einem "Well done!" Natürlich hatte ich immer im Hinterkopf, was hier alles passieren kann, und so setzte ich jeden Fuß hochkonzentriert ab und meine neue Errungenschaft, die Aktivbandage MalleoTrain von Bauerfeind, gab mir zusätzliche Stabilität.
sill waiting for the start
Dann irgendwann wieder ein steiler Anstieg und das gleiche Spiel von vorne. Die paar Plätze, die ich hier beim Powerhiking einbüßte, und noch mehr holte ich beim Downhill locker wieder ein. Am Ende ging es ja auch noch über 4 km flach an einem See entlang und auch dafür sparte ich mir meine Energie noch auf. Es macht natürlich wenig Sinn, sich jetzt hier Bergauf total zu verausgaben und dann am Ende auf dem Zahnfleisch zu gehen, wo man Bergauf beim Powerhiking gegenüber den Joggenden eh am wenigsten Zeit verliert.

Halbzeit, meine Uhr zeigte unter einer Stunde an. Ich war total euphorisiert über diese Leistung, damit hätte ich nie gerechnet. Ich hatte nicht nur die Hälfte bereits hinter mir, sondern mit Abstand auch schon die meisten positiven Höhenmeter. Dann kam mir aber der Gedanke, dass ich erst die Hälfte geschafft hatte und somit die andere Hälfte noch vor mir lag. Mit meinem Trainingsrückstand war es mir undenkbar eine Zeit von unter zwei Stunden auf diesem Terrain aufzustellen. Jetzt kam in mir die Befürchtung wieder hoch, dass ich das alles zu schnell angegangen bin und ich noch Kilometer vor dem Ziel einbreche. "Schei* drauf" sagte ich zu mir. Ich fühlte mich gut und hatte auch keine Lust etwas an meinem Pace oder meiner Strategie zu ändern.

Ich wartete schon die ganze Zeit auf die Gelegenheit, mich endlich mal in einem der angekündigten Tarns, Lakes, Rivers, Streams etc. abzukühlen, aber erst kurz vor Kilometer 11 kam der erste Bach zum Vorschein. Ich also nicht direkt die Brücke anvisiert, sondern erstmal den Bach darunter. Es saß eine Gruppe Wanderer am Wegesrand und die wollten mir davon abraten, das Wasser zu trinken. Als ich dann aber nur meine Mütze mit Wasser gefüllt hatte und diese dann schnell wieder aufsetzte, brachen sie in Gelächter aus. Es war vielleicht auch nicht so intelligent von mir die Mütze in den flachen Bach zu drücken, so dass erstmal einiges an Dreck aufgewirbelt wurde. So rannte ich dann die letzten 10 km mit etwas Dreck im Gesicht rum. :-) Das Spiel wiederholte ich bei Kilometer 12 an einem See, wo ich aber wegen eines grünen Schimmerns an der Wasseroberfläche doch nochmal drei Meter mehr in Kauf genommen und meine Mütze dort mit klarem Seewasser gefüllt habe.
Abkühlung vorraus
Bei Kilometer 13 dann der letzte längere Anstieg und auch da war dann wieder Powerhiking angesagt. Überholt hat mich hier dann aber keiner mehr, das Feld hatte sich zwischenzeitlich zu weit auseinandergezogen. Und dann kam der letzte, recht knackige Downhill über 2 km, laut Strava mit einem Gefälle von bis zu 20%, meist jedoch so um die 12. Auch hier habe ich dann wieder einige Plätze gut gemacht.
Dann kamen sie, die gefürchteten letzten 4 km im Flachen. Jetzt sollte sich zeigen, ob sich mein Anfangspace rächt oder ob sich meine Strategie mit dem Energie sparen bei den Anstiegen bezahlt. Nach wenigen hundert Metern schaute ich dann mal auf meine Uhr und war ganz überrascht, dass diese mir einen Pace von 5 min/km attestierte. Ich habe meinen Augen nicht getraut und nochmal geschaut. Der Pace schwankte dann auf den letzten Kilometern so zwischen 4:50 und 5:30 min/km, damit hätte ich nie gerechnet. Ich dachte wirklich, dass mich der letzte Downhill zerfetzen wird und mir hier unten dann die Oberschenkel brennen. Das taten sie auch, aber bei weitem nicht so schlimm und so konnte ich weiterhin Gas geben. Auch hier wieder einige Plätze gut gemacht. Sogar an einem Südländer, der mich nach dem Downhill nochmal überholt hatte, zog ich wieder vorbei.
Die letzten Meter zum Ziel. Ich lief direkt an dem Treffpunkt mit meiner Freundin vorbei, aber sie war nicht da. Wieso auch? Sie erwartete mich schließlich erst dreißig Minuten später. Da stand sie dann, direkt vor dem Zieleinlauf. Durch Zufall hat sie sich gerade was zu essen geholt und ist just in dem Moment am Zieleinlauf aufgetaucht, als ich an ihr vorbeigerast bin. Ich habe dann nur noch mein Finishershirt eingesammelt und bin überglücklich in ihre Arme gefallen.
wenige Minuten nach dem Zieleinlauf

20,8 km - 1:52 h - 428 Höhenmeter

Wenige Stunden später habe ich dann erfahren, dass ich 51. von 184 Finishern wurde. Absoluter Wahnsinn, damit hätte ich nie gerechnet. Das mit meinem Trainingsrückstand und hier im Trail und Fell Running verrückten Lake District.

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