Mittwoch, 14. März 2018

Rennen im Elbsandsteingebirge - Tag 2 (mit Video)

Bevor es raus in die Kälte ging, stand erstmal ein schönes Frühstück mit dem weltbesten Kaffee auf dem Programm. Ich glaube, ich brauche auch unbedingt einen Milchaufschäumer und eine Espressokanne. Naja, eigentlich war nur der Kaffee besonders schön. Zu essen gab es nämlich "nur" schnödes Beeren-Müsli mit Nüssen und Hafer Crunchy Schoko.

Nachdem wir uns nun endlich mit Brot und Brötchen versorgt hatten, ging es von Schmilka aus erstmal direkt 2 km und 400 Höhenmeter auf den großen Winterberg hinauf. Ich glaube, so viel Stufen bin ich noch nie gelaufen. Oben angekommen war ich erstmal außer Puste, aber ich fühlte mich noch fit genug für weitere 20 km... wenn bitte auch nicht mehr nur noch Berg auf.

Ich weiß schon gar nicht mehr wo wir alles waren, aber die Tour war wieder absolut genial. Beim Raubschloss habe ich mich als Krähe (Yoga-Stellung) versucht und der Aufstieg auf den Kuhstall nach ca. 11 gelaufenen Kilometern war wieder mit jeder Menge Treppen gespickt. Auch hier war ich dann wieder ganz schön außer Puste, aber ans Aufhören habe ich noch lange nicht gedacht. Ich fühlte mich fit wie ein Turnschuh.

Der Lichtenhainer Wasserfall an der Straße war komplett zugefroren und das war nicht die einzige tolle Eisformation, die wir in den Tagen hier beobachten durften. So gesehen war das Wetter echt genial. Es war zwar richtig kalt, aber es war trocken und die Sonne hat so gut getan, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Im Sommer muss ich hier auch nicht unbedingt sein. Dann ist hier bestimmt die Hölle los und man muss an den Kletterstiegen Minuten lang anstehen, um überhaupt erst auf die Felsen zu kommen. Dann steht man in diesen wahrscheinlich auch wieder ewig, weil es immer wieder welche gibt, die dann mitten in dem Kletterstieg hängen und sich nicht weiter trauen. So haben wir in den ersten 2 Tagen vielleicht 10 andere Menschen auf den Wanderwegen in der sächsischen Schweiz gesehen.

Als wir nach ca. 14 km auf den Flößersteig eingebogen sind, habe ich noch gescherzt, dass der Lauf so schnell kein Ende nehmen wird. Wir hatten nämlich auch jemanden dabei, der gesundheitlich angeschlagen war und sich schon Gedanken darüber gemacht hat, wie er die Strecke gegebenenfalls abkürzen könne. Nach etwas über 15 km standen wir dann erneut vor einer ziemlich Steigung hoch auf die Hohe Liebe und da kam dann mein erstes Tief. Es ist wirklich verblüffend, wie schnell man von anscheinend topfit in die totale Erschöpfung fällt. Das zeigt aber auch, dass das Laufen, insbesondere das Trail- und Ultralaufen, zum großen Teil nur Kopfsache ist. Hier habe ich mich wirklich hoch gequält und oben ist es dann passiert.

Beim Bergablaufen bin ich immer höchst konzentriert und achte wirklich auf jeden Schritt. Ich überlege mir beim Laufen sogar schon, wo ich meinen Fuß die nächsten 2-3 Schritte absetzen werde. Bergauf und auf geraden Strecken lässt diese Konzentration dann aber nach. Es ist auch nicht möglich sich über Stunden hinweg nur auf den Weg und jeden einzelnen Schritt zu konzentrieren, das wird auf Dauer noch anstrengender als der Lauf selber. Auf jeden Fall war es wieder einer dieser geraden Abschnitte, auf denen ich umgeknickt bin. Es waren bisher immer recht gerade Wege, auf denen ich umgeknickt bin, bei richtigen Downhills ist mir das noch nicht passiert.

Mit den Nerven am Ende lief ich dann alleine die 2,5 km zurück ins Wanderquartier, während die anderen weiter nach Schmilka gelaufen sind und das Auto geholt haben. Mir standen wirklich die Tränen in den Augen, aber zum Glück ging das Laufen ganz gut... bis ich den befestigten Waldweg verlassen habe und wieder auf den Trails (Wanderwege) unterwegs war. Hier habe ich dann wieder jeden Stein und jede Wurzel, auf die ich getreten habe, im Knöchel gemerkt. Im Wanderquartier angekommen habe ich mich erstmal an den Tisch gesetzt und geheult was das Zeug hielt. Ich schäme mich dieser Tränen nicht, da ich auch genau wusste, dass dieser "Schmerz" vorbei gehen wird.

Ich habe mich gefühlt wie damals, als ich während meiner Ausbildung zum Industriemechaniker zwei Monate in der Nähe von Barcelona arbeiten durfte. Erst als ich im Hotel ankam, in dem ich meine erste Nacht verbracht habe, bevor es am nächsten Tag in die WG ging, flossen die Tränen. Erst dort habe ich dann realisiert und begriffen, auf was ich mich hier eingelassen habe. In einem fremden Land so ganz alleine, ohne zu wissen was die nächsten Wochen wirklich auf mich zukommen wird.

Ich denke, das Gefühl lässt sich ungefähr miteinander vergleichen. Nun saß ich dort im Wanderquartier mit einem dicken Knöchel und ich habe so viele Pläne. Abgesehen davon, dass das Wochenende gelaufen sein schien, stehen ja auch der Bilstein-Marathon (Anfang Mai) und die Läufe im Lake District (Anfang Juni) vor der Tür. Jetzt bin ich schon zum vierten Mal in neun Monaten umgeknickt, das kann doch nicht normal sein!? Verzweifelt und hilflos saß ich nun dort am Tisch mit tränengeröteten Augen.

Irgendwann kamen dann die nächsten Läufer im Quartier an. Es konnten halt nicht alle schon am Donnerstag anreisen und so wurden es dann Freitag mit jeder Stunde mehr Läufer. Diese hielten sich aber nicht lange im Quartier auf, sondern sind, genau wie wir am Donnerstag, erstmal raus auf die Strecke gegangen. Ich wäre so gerne mitgelaufen, aber es ging einfach nicht. Ich habe mir sogar schon Rückfahrten mit dem ICE nach Eisenach rausgesucht und hätte einige Male fasst schon online gebucht, aber zum Glück habe ich kurz vor der Bezahlung immer wieder abgebrochen.


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