Dienstag, 8. Januar 2019

63 km mit 1.700 Höhenmetern in 8 Std. (Longest Known Distance für mich - bis jetzt!)

auf dem Hirzstein
Ich wollte ja unbedingt bei der Brocken-Challenge starten, aber ich konnte leider keinen Startplatz ergattern. Bei der Anzahl der jährlichen Anmeldungen gibt es dort ein kompliziertes Losverfahren und trotz guter Voraussetzungen (Novize, Spendenläufer...) hatte ich leider kein Glück. Ich finde dieses Verfahren aber sehr gut. Bei anderen beliebten Veranstaltungen kommt es zum Beispiel regelmäßig zu Anmeldeproblemen wegen zu hoher Zugriffszahlen auf die Homepage und dazu, dass innerhalb weniger Minuten alle Startplätze vergriffen sind. Als Alternative hatte ich dann den Jokertrail in Heidelberg im Hinterkopf und ich war auch der Meinung, dass es dort 150 Startplätze gibt. Als ich das letzte Mal geschaut habe, waren noch nicht mal 100 vergriffen und so habe ich mir mit der Anmeldung noch etwas Zeit gelassen. Allerdings gibt es tatsächlich nur 120 Startplätze und diese waren dann auch recht schnell vergriffen.

auf dem hohen Gras
Ich weiß nicht wie ich auf den Trichter kam mir so eine große Route zu erstellen, vielleicht war es der Frust wegen der vergriffenen Startplätze oder ich wollte einfach mal testen wie weit ich gehen kann - vielleicht war es auch beides. Ich kenne die Berge im Norden Kassels ja mittlerweile ganz gut und so wusste ich schon im Vorfeld, welche Wege ich laufen werde. Trotzdem habe ich mir die Strecke lieber vorher nochmal auf gpsies.com erstellt und auf mein Handy geladen. Ich wollte auch mal testen, wie lange mein vollgeladenes Handy mit GPS und durchgehend hell beleuchteter Kartendarstellung hält. Nach etwas über einem Kilometer bemerkte ich aber, dass ich meine Stirnlampe vergessen hatte. Also musste ich doch etwas Akku sparen, da ich später vielleicht noch die Taschenlampe benötigte. Zurücklaufen war für mich irgendwie keine Option.

auf dem Herkules
Eigentlich wollte ich das erste Mal nach 11 km auf dem Hirzstein was essen, aber der Hunger überkam mich recht früh und so verputzte ich die Banane schon auf dem Weg dorthin. Nach etwas über 15 km auf dem hohen Gras gesellte sich dann ein eisgekühlter Apfel zu der Banane in meinem Magen und das war auch eine Art Versuch, wie ich unter Belastung mit welchem Nahrungsmittel zurecht komme. Vor dem Apfel hatte ich aufgrund des Säuregehalts (reine Gefühlssache, wissenschaftlich sieht das schon anders aus) schon etwas bedenken, aber es kam zu keinen Komplikationen. Nach 22 km legte ich auf dem Herkules meine erste größere Pause ein. Dort setzte ich mich auf eine Mauer und aß genüsslich etwas von dem Spinat-Nudelauflauf vom Vortag. Dieser war natürlich auch eisgekühlt, aber trotzdem lecker.

auf dem hohen Dörnberg
Bis hier hin ging es mir noch prächtig und ich hatte noch keinerlei Ermüdungsgefühle. Nach circa 31 km beim Aufstieg auf den hohen Dörnberg hatte ich dann aber mein erstes kleineres Tief. Das ist auch ungefähr die Stelle, wo Marathonläufer von dem Mann mit dem Hammer sprechen. Das habe ich gerade erst recherchiert, aber vielleicht hatte ich das bei dem Lauf doch irgendwo im Hinterkopf und deswegen kam er genau zu diesem Zeitpunkt. Auf jeden Fall setzte ich mich dann auf dem Dörnberg trotz des eisigen Windes nochmal hin und aß den Rest von dem Auflauf. Ich überlegte schon so langsam den Rückweg anzutreten, aber entschied mich dagegen und lief nochmal die 17 km-Runde der Habichtswaldsteig-Extratour H2. Dieser Rundkurs ist eher eine langgezogene Null und so hätte ich jederzeit abkürzen und den Rückweg antreten können.

Schreckenbergturm
Anschließend lief es aber wieder ohne Probleme, bis ich nach 40 km vor dem Anstieg zum Schreckenbergturm stand. Auch hier hatte ich dann wieder diesen Wunsch lieber zu Hause in der warmen Badewanne zu liegen anstatt hier durch die Kälte zu rennen. Auf den Turm selber bin ich diesmal nicht geklettert, da war ich ja nun auch schon oft genug oben und ich wollte auch keine Zeit verschwenden. Schließlich wurde es bald dunkel und ich wollte so wenig Kilometer wie möglich nur mit einer schwachen Handytaschenlampe im Dunkeln durch den Wald irren.

auf den Helfensteinen,
Kassel bei Nacht
Nach dem Marathon bis hin zum Schreckenbergturm hatte ich aber tatsächlich keine Probleme mehr den Halbmarathon bis nach Hause zu laufen. Es lief sich fast wie von alleine, keine schweren Beine oder miese Stimmung mehr. So entschloss ich mich auch die H2 wirklich komplett zu laufen und nicht abzukürzen. Als ich dann auf den Helfensteinen stand war es schon richtig dunkel, aber die Leuchte meines Handys brauchte ich tatsächlich nur auf den unbefestigten Waldwegen. Die betonierte alte Wolfhager Straße hoch zurück Richtung Kassel absolvierte ich komplett ohne Licht, erst als es von dieser wieder runter und quer durch den Wald ging, nahm ich das Handy wieder in die Hand. Es hat schon was Mystisches oder Gespenstisches bei völliger Dunkelheit alleine durch den Wald zu laufen. Inbesondere über Singletrails oder Wege, die zwar noch in der Karte eingezeichnet sind, aber schon lange nicht mehr wirklich existieren. So musste ich oft blind der Linie auf meinem Handy vertrauen, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Einmal raschelte es wie wild neben mir im Gebüsch, aber was es war, konnte ich nicht erkennen. Es hätte alles sein können, vom Kaninchen bis hin zum ausgewachsenen Grizzlybär, aber ich denke mal, das oder die Tiere haben sich mindestens genauso erschreckt wie ich.

im Bahnhof Wilhelmshöhe
Nach exakt 60 km kehrte ich dann am Bahnhof Wilhelmshöhe nochmal in eine Backstube ein. Es gab zuckerhaltige Cola und eine Apfeltasche, um mich für die restlichen 3 km zu stärken. Nach ca. 15 min ging es dann weiter und die ersten paar hundert Meter waren die absolute Hölle. Mir war Schweine kalt, mein Kiefer zitterte richtig, und die Beine brannten wie Hölle. Zudem musste ich plötzlich ganz dringend auf die Toilette. In dem Pizzalieferdienst, wo ich zuerst war, gab es angeblich keine Toiletten. Bei dem asiatischen Imbiss ein paar Meter weiter fand ich dann aber ein stilles Örtchen und nachdem ich mich erleichtert hatte, ging es nach Hause, wo ein heißes Bad auf mich wartete. Eine Pizza und Pizzabrötchen wurden auch gleich bestellt, natürlich woanders, aber viel essen konnte ich nicht, was ziemlich ungewöhnlich für mich ist. Die Strapazen haben mir doch tatsächlich den Appetit versaut und so bekam meine Freundin, die noch später nach Hause kam, auch noch etwas von der Pizza ab. Am nächsten Tag fühlte ich mich überraschend fit. Klar waren die Beine etwas schwer, aber auch das Gefühl verflog nach kurzer Zeit.

62,9 km - 1.724 Höhenmeter - 8:03 h

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