Freitag, 29. Juni 2018

Blencathra Fell Race (mit Video)

Es ist schon über zwei Wochen her, als ich im Lake District meinen letzten Lauf über Blencathra getätigt habe. Bisher bin ich einfach noch nicht dazu gekommen das Video fertigzustellen und einen Bericht zu schreiben. Anschließend gab es nämlich ganz unsportliche Aktivitäten wie das Johannisfest in Eschwege und ein Trip mit Freunden an den Ballermann. Dort war ich aber nicht ganz so unsportlich und bin einmal für etwas mehr als 200 m im Meer gewesen. Außerdem sind wir da viel gelaufen (Hotel – Megapark – Bierkönig – Megapark – Hotel) und auf Stühle geklettert. Jetzt aber genug „regeneriert“, denn am 08.09. steht ja das nächste Highlight an: Der Südthüringentrail – mein erster Ultramarathon, wenn auch „nur“ mit 47,5 Kilo- und 1900 Höhenmeter.

Ich habe wirklich lange überlegt, welchen der unzähligen Berge ich im Lake District noch angehen soll. Helvellyn, Cat Bells, Great Gable, Scafell Pike... Mir wurde dann in der Facebookgruppe „Fell Runners UK“ Blencathra empfohlen, dort hatte nämlich erst vor wenigen Tagen ein Fell Race stattgefunden und ich könnte die Strecke nachlaufen. Also Strecke auf der Homepage der Eden Runners begutachtet, auf gpsies.com nachgezeichnet und losgelegt.


die ersten Meter
Schon am Einstiegspunkt gab es die erste Hürde zu überwinden, ich stand vor einem Weidetor. Ich habe mich lange umgesehen, aber niemanden gesehen, den ich hätte fragen können, ob ich das Tor passieren darf. Ich kenne mich mit den Gepflogenheiten im Lake District nicht ganz so gut aus, aber da das Tor nicht verschlossen war, bin ich einfach hindurch. Man stößt hier ja immer wieder auf Tore und Türen, die offizielle Wege versperren, damit die Schäfchen nicht ausbüxen. Also bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass verschlossene Tore nicht passierbar sind und man durch Tore ohne Schloss einfach hindurchgehen kann.

Nach dem Tor ging es direkt steil nach oben und hier habe ich den Fehler gemacht, dass ich die ersten Meter noch gejoggt bin. Die paar Meter haben echt jede Menge Kraft gekostet und so war der anschließende Powerhike schon nicht mehr so leicht. Außerdem hatte ich mir schon beim Adidas Terrex Trailrace einen Zeh blutig gelaufen, da eine Spitze des Zehennagels an diesem gerieben hat, und dieser hat auch wieder angefangen zu drücken. Nach dem ersten Uphill habe ich mich also erstmal gesetzt und meinen Zeh provisorisch verbunden, so dass der Nagel nicht mehr auf die Wunde drückte. Das war ja auch nicht das erste Mal, dass mein Erste-Hilfe-Set gute Dienste geleistet hat. Ohne gehe ich schon gar nicht mehr auf längere Trails und die nächsten Schuhe kaufe ich eine halbe Nummer größer.

Die Streckenführung von dem Fell Race sollte mir natürlich nur als Anhaltspunkt dienen, in welche Richtung es gehen sollte. Wie nicht anders zu erwarten, habe ich die Strecke nämlich schon das ein oder andere Mal verlassen, um Abkürzungen querfeldein oder spannendere Ausblicke genießen zu können. Der Fell Race führte nämlich gar nicht auf den Blencathra-Bergkamm, sondern man sollte kurz davor nach links abbiegen und wieder nach unten ballern. Wie doof wäre ich denn bitte schön, wenn ich die besten Ausblicke und den aufregendsten Weg einfach so meiden würde? Schon beim Aufstieg hatte ich einmal das Gefühl, dass mich die GPS-Linie unterhalb eines sehr spannenden Felsmassivs entlang führen würde. Also bin ich hier querfeldein auf eben dieses Massiv zu gerannt und habe es in Angriff genommen, im Endeffekt wäre ich aber mit einem kleinen Umweg doch dort gelandet. Dort oben habe ich dann auch den kleinen See „Scales Tarn“ gesehen, welchen ich schon öfters auf Fotos gesehen hatte.

Scales Tarn
Wie gesagt bin ich dann den Bergkamm entlang gelaufen und habe dort oben auf Blencathra auch ein längeres Päuschen gemacht. Genau wegen solcher Momente werde ich in Zukunft die Sololäufe den Wettkämpfen im Urlaub vorziehen. Wer nimmt sich denn schon im Wettkampf die Zeit sich hier hinzusetzen und das alles zu genießen? Der Ausblick, die Demut, den zurückgelegten Weg… wie schon auf Skiddaw beschrieben einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Hier bin ich dann auch im Kopf mal das erste Leg der Bob Graham Round durchgegangen, da ich Keswick und Skiddaw im Blick hatte. Ich wusste zwar nicht, wo dieses lang geht, aber da die Runde in Keswick startet und ich noch im Kopf hatte, dass es dann erstmal Richtung Norden geht, müssten Skiddaw und Blencathra eigentlich mit inbegriffen sein. Als ich mir das Leg dann etwas später angeschaut hatte, lag ich gar nicht so falsch, nur die Streckenführung war etwas anders als von mir vermutet. Beim nächsten Urlaub im Lake District dürfte ich dann fit genug sein um diese und weitere Runden der BGR mal anzugehen. Über 100 Kilo- und 7.200 Höhenmeter sind für mich zurzeit(!?) selbst in über einer Woche neben den beiden Wettkämpfen unvorstellbar und die BGR sollte eigentlich in unter 24 h bei Wind und Wetter und somit auch nachts bezwungen werden. Vielleicht schaffe ich ja mal alle fünf Legs innerhalb von fünf Tagen, aber dazu müsste ich dann auch schauen, wie ich zu den Startpunkten hin und von den Zielpunkten wieder weg komme. Aber erstmal muss ich überhaupt wieder in den Lake District kommen, denn ich träume natürlich auch von Menorca, Gardasee, Gran Canaria, den Alpen, noch einmal Madeira…

Zurück zum Lauf! Bergab ging tatsächlich relativ gut, da es hier nicht wie von Skiddaw einfach gerade steil runter ging, sondern eher im Zickzack. Nach dem ersten Downhill habe ich dann darüber philosophiert, dass ich vielleicht doch etwas langsamer machen (nicht wegen der Verletzungsgefahr, sondern wegen der noch anstehenden Kilometer) und mich noch mehr konzentrieren sollte. Und nur eine Sekunde später lag ich auf dem Boden, weil ich über einen Stein gestolpert bin. Zum Glück war ich da gerade gehend unterwegs und daher auch nicht richtig bei der Sache. Nach kurzen Schmerzen und drei kleinen Beulen an Unterarm und Schienbein ging es dann aber schmerzfrei weiter.

Nach dem letzten Uphill einen grünen Hügel hinauf sah ich dann wieder eine ganz andere Seite vom Lake District: Eine grüne Wiese mit jeder Menge weißen Pusteblumen. Ich hatte sofort Heidi im Kopf, wie sie mit Ziegenpeter über diese Wiese hüpft. Es war wirklich wunderschön und auch hier habe ich mich spontan ins Grüne fallen lassen und nochmal kurz durchgeatmet. Auf dem Weg nach oben bin ich noch auf ein kleines Schaf gestoßen, welches mitten auf dem Weg in einer Kuhle lag. Ich dachte zunächst, es handelte sich um einen Müllbeutel, da es sich nicht bewegt hat, obwohl ich mich deutlich bemerkbar gemacht habe. Ich habe mich schon darüber aufgeregt, wie man hier oben einen Müllsack liegen lassen kann. Kurz bevor ich dann dort war, ist das Schaf aber aufgesprungen und weg gerannt.

"Heidi, Heidi, deine Welt sind die Berge..."
Von hier oben runter musste ich dann nochmal einen technisch anspruchsvollen und steilen Downhill laufen und kurz vor dem Ziel stand ich dann auf einmal vor einem Zaun mit dem Hinweis, dass das kein öffentlicher Fußweg ist. Zum Glück hatte mir gpsies.com aber schon angezeigt, dass hier kein Weg existiert und dieser wohl nur für den Fell Race geöffnet ist, und so wusste ich, dass ich nur eine kleine Schleife in Kauf nehmen musste, um unten an der Straße rauszukommen. Auf diesem Singletrail scheuchte ich dann auch einige Meter zwei Schafe vor mir her, die einfach nicht wussten wohin. Zum Glück sind die hier ganz schön friedlich und nehmen lieber reiß aus als sich einem entgegen zu stellen. Am Ende des Trails stand ich wieder vor einem Tor wie am Anfang. Egal, einfach durch!

Nachdem ich im Auto dann eine Banane gegessen hatte und wieder zurückgefahren bin, habe ich an einem Bach nochmal halt gemacht und meine Füße abgekühlt. Ich setze mich auf einen Stein mitten im Bach und ließ das Wasser durch meine Füße und Zehen gleiten.

16 km - 2:00 h - 890 Höhenmeter
Vor einigen Minuten habe ich noch mit mir gehadert, ob ich überhaupt einen Bericht schreiben soll. Der Lauf ist ja nun doch schon ein paar Tage her und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt genug Wörter für einen Bericht zusammen bekomme. Es sind ja jetzt doch ein paar geworden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen